- Siegfried
- Kohn
- hebr. Vorname: Selig
- Geburtsdatum: 1891-01-27
- Geburtsort: St. Pölten
- Sterbedatum: 1960-10-07
- Sterbeort: St. Pölten
- Beruf: Kaufmann
- Adresse/n:
- Linzerstraße 3, St. Pölten
- Linzerstraße 20, St. Pölten
- Vater: Julius
- neuer Friedhof
- Mutter: Sophie
- Holub
- neuer Friedhof
- Ehepartner/in:
- Hedwig, Pollak, Memorbuch
- Kind/er:
- Grabstelle: Webseite besuchen
- NS-Schicksal: Am 2. Februar 1939 nach Palästina emigriert, Rückkehr erfolgt 1948
- Biographie:
Siegfried Kohn war wie seine Brüder Max und Jakob Soldat im Ersten Weltkrieg gewesen. Sein Schuhgeschäft befand sich in der Linzerstraße 3 und wurde am 2. November 1938 von Hugo Mrazek, Kaufmann in Kapelln Nr. 10, „arisiert“. Der Kaufpreis wurde mit dem Wert des Warenlagers angesetzt, er betrug RM 11.319,40. Das Unternehmen hatte aber 1937 einen Gewinn von S 62.000 abgeworfen, der Kaufpreis lag also deutlich unter dem wahren Wert des Geschäftes. Die Vermögensverkehrsstelle bewilligte die „Arisierung“ am 24. November 1938. Im Handelsregister wurde die Firma wegen Betriebsauflösung von Amtswegen am 11. März 1939 gelöscht. Siegfried Kohn wurde am 10. November 1938 verhaftet und nach Dachau gebracht, wo er Anfang des Jahres 1939 entlassen wurde. Kurz darauf, am 2. Februar 1939, verließ er mit seiner Frau Hedwig und den Söhnen Heinz und Herbert das Land Richtung Palästina. Hugo Mrazek stellte am 13. Dezember 1939 an den Oberbürgermeister ein Ansuchen um Nachsicht vom Befähigungsnachweis und um eine Gewerbeberechtigung. Darin legt er auch seinen Lebenslauf dar: Er wurde am 7. April 1900 geboren, besuchte die fünfklassige Volksschule in Klosterneuburg, vier Jahre die Militär-Unterrealschule in Wien und drei Jahre die Infanterie-Kadettenschule in Innsbruck und Wien. Schließlich legte er mit gutem Erfolg die Aufnahmeprüfung an der Militärakademie in Mödling ab und studierte dort bis Kriegsende 1918. Anschließend verbrachte er vier Semester an der Versuchsanstalt für Leder-, Fett-, Öl- und Farbwarenindustrie in Wien. Vom 5. Mai 1919 bis 10. Oktober 1921 war er Einkäufer bei der Gerberei Schrom und Stach in Wien, vom November 1921 bis Jänner 1924 Bediensteter bei der Schuhgroßhandlung Karl Valka. Über die folgenden Jahre schweigt er sich aus. Aufgrund seiner Studien und Vorbildung wurde ihm von der Kaufmannschaft des Landes Niederösterreich, Gremium St. Pölten, am 18. Dezember 1938 bestätigt, den einschlägigen Befähigungsnachweis erbracht zu haben. Seine politische Unbedenklichkeit wies er mit Bestätigungen seitens der Kreisleitung der NSDAP St. Pölten und der Ortsgruppe der NSDAP Kapelln nach. Mrazeks Ansuchen wurde von der Kreisleitung befürwortet, da er ein alter Kämpfer für die Partei sei. Auch das Arbeitsamt erhob keine Einwände, und die Industrie- und Handelskammer für Niederdonau verlangte nur die Einziehung des Gewerbescheins des Siegfried Kohn. Am 12. Jänner 1940 wurde der Antrag bewilligt. Laut ärztlicher Untersuchung vom 27. Dezember 1939 war der Chemiker Mrazek wegen eines Lungenleidens in seinem Beruf nicht mehr einsatzfähig. Er war verheiratet und hatte auch noch für seine Mutter zu sorgen. Durch die „Arisierung“ der Firma Kohn waren ihm noch Verbindlichkeiten in der Höhe von RM 14.000 erwachsen. Vermögen besaß er keines. Die RM 14.000 könnten möglicherweise aus einem Darlehen stammen, das er aufnahm, um die „Arisierung“ finanzieren zu können. Mrazeks Geschäfte liefen jedenfalls gut, in den Jahren 1939 bis 1944 setzte er jährlich durchschnittlich über RM 200.000 um. Die Familie Kohn kehrte 1948 zurück. 1950 erhielt Siegfried Kohn sein Geschäft zurück, zudem hätte Mrazek sämtliche Erträgnisse ausbezahlen müssen, worauf Kohn aus Rücksicht auf die nunmehr ärmlichen Vermögensverhältnisse seines »Ariseurs« verzichtete. Er verlangte lediglich einen Betrag in der Höhe von S 10.000, was einen Bruchteil des Reingewinnes Mrazeks ausmachte. Diese Summe war in zwei Teilbeträgen, S 5000 innerhalb von sechs Monaten und die restlichen S 5000 innerhalb eines Jahres zu bezahlen. Zur Sicherstellung dieser Forderung erhielt Kohn ein Pfandrecht auf den Besitz Mrazeks in Kapelln. Ein weiteres Schuhwarengeschäft Kohns in der Kremsergasse 8 war von der Firma Josef Schober am 7. Juni 1938 „arisiert“ worden. In der St. Pöltner Zeitung wurden Anzeigen mit dem Text „Alles kauft jetzt Schober-Schuhe, Kremser Gasse 8“ geschaltet. Das Geschäft wurde 1948 rückgestellt.
- Biographie engl: Like his brothers Max and Jakob, Siegfried Kohn had been a soldier in the First World War. His shoe shop was located at Linzerstrasse 3 and was “aryanised” on 2 November 1938 by Hugo Mrazek, a merchant in Kapelln No. 10. The purchase price was set at the value of the warehouse, which was RM 11.319,40. However, the company had made a profit of 62.000 schilling in 1937, so the purchase price was far below the true value of the business. The Property Transaction Office approved the “Aryanisation” on 24 November 1938 and the company was officially deleted from the commercial register on 11 March 1939 due to the dissolution of the business. Siegfried Kohn was arrested on 10 November 1938 and taken to Dachau, where he was released at the beginning of 1939. Shortly afterwards, on 2 February 1939, he left the country for Palestine with his wife Hedwig and sons Heinz and Herbert. On 13 December 1939, Hugo Mrazek submitted an application to the Lord Mayor for a waiver of his certificate of competence and for a trade licence. In it, he also outlined his curriculum vitae: He was born on 7 April 1900, attended the five-grade primary school in Klosterneuburg, four years at the military lower secondary school in Vienna and three years at the infantry cadet school in Innsbruck and Vienna. Finally, he passed the entrance examination for the military academy in Mödling with good results and studied there until the end of the war in 1918, after which he spent four semesters at the Experimental Institute for the Leather, Fat, Oil and Colour Industry in Vienna. From 5 May 1919 to 10 October 1921 he was a buyer at the Schrom and Stach tannery in Vienna, and from November 1921 to January 1924 he worked for the shoe wholesaler Karl Valka. He remains silent about the following years. On the basis of his studies and previous education, the St. Pölten committee of the Kaufmannschaft des Landes Niederösterreich confirmed on 18 December 1938 that he had obtained the relevant certificate of competence. He proved his political integrity with confirmations from the district leadership of the NSDAP St. Pölten and the local branch of the NSDAP Kapelln. Mrazek's application was approved by the district leadership as he was an old fighter for the party. The labour office also raised no objections, and the Chamber of Industry and Commerce for Lower Danube only demanded the confiscation of Siegfried Kohn's trade licence. The application was approved on 12 January 1940. According to a medical examination dated 27 December 1939, the chemist Mrazek was no longer able to work in his profession due to a lung disease. He was married and also had to look after his mother. The “Aryanisation” of the Kohn company had left him with liabilities amounting to RM 14.000. He had no assets. The RM 14.000 could possibly have come from a loan he took to finance the “Aryanisation”. In any case, Mrazek's business was going well, with an average annual turnover of over RM 200.000 between 1939 and 1944. The Kohn family returned in 1948. In 1950, Siegfried Kohn received his business back, and Mrazek would have had to pay out all the profits, which Kohn waived out of consideration for the now poor financial circumstances of his “Ariseur”. He only demanded an amount of S 10.000, which was a fraction of Mrazek's profit. This sum was to be paid in two instalments, 5.000 schilling within six months and the remaining 5.000 within one year. To secure this claim, Kohn received a lien on Mrazek's property in Kapelln. Another of Kohn's shoe shops at Kremsergasse 8 had been “aryanised” by the Josef Schober company on 7 June 1938. Advertisements were placed in the St. Pölten newspaper with the text “Alles kauft jetzt Schober-Schuhe, Kremser Gasse 8”. The business was cancelled in 1948.