- Charlotte
- Zweig
- Geburtsdatum: 10.08.1935
- Geburtsort: Wilhelmsburg
- www.google.at
- Sterbeort: Opole
- goo.gl
- Adresse/n:
- Obere Hauptstraße 34, Wilhelmsburg
- Vater: Leopold
- Memorbuch
- Mutter: Margarete
- Spitz
- Memorbuch
- NS-Schicksal: Umsiedlung in die Glockengasse, Wien 2; am 26. Februar 1941 nach Opole deportiert
- abgemeldet nach: Glockengasse, Wien 2
- deportiert am: 26.02.1941
- deportiert nach: Opole
- Steine der Erinnerung:
Die Familien Spitz – Herlinger – Zweig
Im Haus Obere Hauptstraße 34 lebten im März 1938 drei Generationen der Familie Spitz: Die Großmutter Therese Spitz, geb. Blum, war am 28. Februar 1872 in Groß Meseritsch (Mähren) geboren worden. Ihr Mann Heinrich Spitz, am 4. Oktober 1854 in Schloss Saaz geboren, war 1924 mit 64 Jahren „tief betrauert von seiner Gattin und seinen Kindern“ gestorben und ist am jüdischen Friedhof in St. Pölten begraben. Auch Thereses Bruder Hermann Blum, geboren am 20. März 1868, lebte in diesem Haus. Die Familie ist seit 1902 in Wilhelmsburg nachweisbar. Heinrich wird in den Dokumenten als „Essig- und Spirituosenfabrikateur“ bezeichnet, seine Frau vertrieb vermutlich die Produkte, denn ihr Beruf wird als „Handelsfrau“ angegeben. Nach Heinrichs Tod war Therese Eigentümerin des Hauses Obere Hauptstraße 34, gleichzeitig die Betriebsstätte für ihre Gemischtwarenhandlung. Am 11. Mai 1904 waren die Zwillingsschwestern Else und Margarete zur Welt gekommen, die später mit ihren Familien ebenfalls in diesem Haus leben sollten. Else hatte 1929 in der St. Pöltner Synagoge Otto Herlinger aus Trasdorf geheiratet, die gemeinsame Tochter Edith kam am 27. August 1931 in Wilhelmsburg zur Welt. Eine zweite Tochter, Franziska, ist nur im Geburtenbuch verzeichnet, sie starb vermutlich als Säugling. Otto war im Geschäft seiner Schwiegermutter angestellt. Elses Schwester Margarete verehelichte sich 1934 mit dem Bahnbeamten und später Kraftfahrer Leopold Zweig aus Tulln, auch sie hatten eine Tochter, Charlotte, geboren am 10. August 1935. Am 14. Juli 1938 gab Therese Spitz eine Vermögensanmeldung ab, in der sie den Wert des Hauses Nr. 34 mit 20.000 Reichsmark angab und den Betrieb „Markus Spitz Neffe, Vermischtwarenhandlung, insbesondere Spirituosen, Fruchtsäfte und Mineralwasserbetrieb“ mit 3.500 Reichsmark. Am 23. Mai 1939 musste sie das Haus und zwei Grundstücke um insgesamt 14.000 RM, also unter dem Schätzwert, an den Mehl- und Fruchthändler Heinrich Stammer verkaufen. Das Warenlager im Wert von mehr als 4.500 RM wird im Kaufvertrag nicht erwähnt, vermutlich war es bereits geplündert. Freundlicher Weise gestattete Stammer „ein Wohnungsrecht bezüglich einer Wohnung bestehend aus zwei Zimmern für die Benützung durch die Verkäuferin, deren Schwiegersöhne und Familien sowie allfälliger Verwandter bis zu deren endgültiger Auswanderung, höchstens aber auf die Dauer von sechs Monaten“. In diesen zwei Räumen lebten also sechs Erwachsene und zwei Kinder. Am 19. Juli 1939 wird Therese Spitz als abgemeldet bezeichnet, vermutlich musste zu diesem Datum auch die restliche Familie nach Wien übersiedeln. Schon am 29. März 1939 hatte die ganze Familie ihre Wertsachen im Dorotheum in Wien 1, Spiegelgasse abgeben müssen. Für vier goldene Armbanduhren, 2 Ringe und zwei Paar Ohrringe mit Brillanten, etwa 20 Schmuckstücke, darunter auch ein Ehering – vermutlich hatte er Heinrich Spitz gehört – und silberne Leuchter erhielten sie gerade einmal 387 RM. Wahrscheinlich ging diese Summe aber ohnehin auf ein Sperrkonto und stand der Familie nicht zur Verfügung.
Die Männer
Otto Herlinger und sein Schwager Leopold Zweig gehörten zu den zahlreichen jüdischen Männern zwischen 17 und 70 Jahren, die am 10. November 1938 „in Schutzhaft genommen“ und im Konzentrationslager Dachau inhaftiert wurden. Otto Herlinger konnte in seiner Vermögensanmeldung nur sein Jahreseinkommen im Geschäft seiner Schwiegermutter angeben und setzte im Dezember im Lager seine Frau Else als Bevollmächtigte über die finanziellen Angelegenheiten ein. Am 19. Februar 1941 beschlagnahmte die Geheime Staatspolizei „das gesamte stehende und liegende Vermögen sowie alle Rechte und Ansprüche“ der gesamten Familie – dies war ein reiner Formalakt, denn diese war inzwischen völlig mittellos. Doch hatte die Gestapo bereits Kenntnis von der in wenigen Tagen bevorstehenden Deportation der Ehefrauen und legitimierte so den Zugriff auf eventuelle Vermögenswerte. Auch Leopold Zweig hatte in seiner Vermögensanmeldung als „Bahnbeamter in Ruhe“ nur eine kleine Rente angegeben und seine Frau am selben Tag wie sein Schwager von Dachau aus als Bevollmächtigte eingesetzt. Vermutlich wurden beide – der Eintrag in der Häftlingsdatei nennt nur Leopold – am 8. März 1939 entlassen. Beide wurden in ein „Judenhaus“ in Wien 2, Große Mohrengasse 35 eingewiesen und auch die letzte Station ihres Schicksals ertrugen sie gemeinsam: Am 20. Oktober 1939, also sechs Tage vor ihrem Nachbarn Johann Deutsch, wurden Otto Herlinger und Leopold Zweig nach Nisko am San deportiert, beide kehrten von dort nicht zurück. Der Bruder von Therese Spitz, Hermann Blum, geboren am 20. März 1868 in Groß Meseritsch (Mähren), musste vermutlich ebenfalls im Juli 1939 nach Wien 2, Glockengasse 6 übersiedeln und wurde am 19. Februar 1941, im Alter von 71 Jahren, in das Ghetto Kielce deportiert. Wie lange er den furchtbaren Lebensbedingungen standhalten konnte, wissen wir nicht.
Die Frauen und Kinder
Auch Therese Spitz und ihre Töchter und Enkeltöchter wurden in eine der überfüllten Sammelwohnungen im Haus Wien 2, Glockengasse 6 zwangsübersiedelt. In der Deportationsliste von Else und Edith Herlinger ist die Adresse mit Glockengasse 6/7 präzisiert, also ist diese als gemeinsame Wohnung anzunehmen. Aus diesem Haus wurden 43 Menschen deportiert, darunter Therese Spitz, ihre Töchter Else Herlinger und Margarete Zweig sowie die zehnjährige Edith Herlinger und die sechsjährige Charlotte Zweig. Am 26. Februar 1941 wurden sie in das völlig überfüllte und hygienisch katastrophale Ghetto Opole in Polen verbracht. Im Frühjahr 1942 wurde es liquidiert, von den 2008 aus Wien Deportierten überlebten nur 28. Wie von den Männern der Familie sind auch die Todestage der Frauen und Mädchen unbekannt. Fotos © Hans Morgenstern
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