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Geschichte

Der Friedhof wurde 1859 von der damals neu entstehenden jüdischen Gemeinde der Stadt angelegt und 1860 eine Zeremonienhalle errichtet. Bis zu seiner Schließung am Anfang des 20. Jahrhunderts fanden hier 543 Menschen ihre letzte Ruhestätte. Ab 1906 bestattete die Israelitische Kultusgemeinde ihre Verstorbenen auf dem neuen jüdischen Friedhof an der Karlstettner Straße im Nordwesten St. Pöltens. Das Areal am Hans-Morgenstern-Platz blieb samt den Grabsteinen weiter erhalten, da ein jüdischer Friedhof unauflösbar ist – bis zur Ankunft des Messias.

Die nationalsozialistische Stadtverwaltung „arisierte“ den Friedhof und beraubte ihn all seiner Grabsteine. Ihr Verbleib ist bis heute unbekannt. Die Vermutung liegt nahe, dass sie, wie in Neulengbach oder auch Ybbs, nach einem Abschliff zur Wiederverwendung vorgesehen waren. Auf dem abgeräumten Areal – Exhumierungen wurden keine vorgenommen – errichteten die Nazis 1943 eine Baracke für einen Kindergarten mit dazugehörigem Spielplatz.

Dessen Schließung erfolgte erst 1968. Mit dem Abriss der Baracke, dem Abbau des Spielplatzes und der Errichtung eines Gedenksteins auf der leeren Wiese erhielt der Ort seinen Charakter als Friedhof zumindest teilweise zurück. Allerdings hatte schon mit dem Raub der Grabsteine das Schwinden der öffentlichen Wahrnehmung des Ortes als Begräbnisstätte begonnen, wozu auch die etwas irreführende Inschrift auf dem neuen Gedenkstein beitrug: „An dieser Stelle befand sich der alte jüdische Friedhof der Stadt St. Pölten“. Von regelmäßigen Mäharbeiten abgesehen, blieb er nun 40 Jahre lang sich selbst überlassen.