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  • Johann
  • Deutsch
  • alt. Vorname: Hans
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  • Geburtsdatum: 27.10.1904
  • Geburtsort: Loosdorf
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  • Sterbedatum: 10.05.1942
  • Sterbeort: Chelmno
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  • Beruf: Tapezierer
  • Adresse/n:
    • Obere Hauptstraße 18, Wilhelmsburg
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  • Vater: Jakob
  • neuer Friedhof
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  • Mutter: Käthe
  • Grünwald
  • neuer Friedhof
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  • NS-Schicksal: Zwangsumsiedlung nach Wien 1, Lazenhof 2/13. Am 28. Oktober 1941 nach Reiter Straße 19/8, Lodz deportiert. Am 9. Mai 1942 nach Chelmno überstellt
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  • abgemeldet nach: Lazenhof 2/13, Wien 1
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  • deportiert am: 28.10.1941
  • deportiert nach: Lodz
  • überstellt am: 09.05.1942
  • überstellt nach: Chelmno
  • Steine der Erinnerung:
  • Die Familie Deutsch

    Die auf den Steinen der Erinnerung verewigten Johann, Erna und Ignaz Deutsch waren drei der sieben Kinder von Jakob Deutsch, geboren am 4. Oktober 1864 in Strebersdorf. Mit seiner ersten Frau Käthe Katalin Therese Grünwald, geboren am 12. Juni 1876 in Schlaining, hatte er die vier Kinder Margarethe, Renné, Felix und Johann, alle in Loosdorf bei Melk geboren. Als Käthe mit nur 30 Jahren am 2. September 1906 starb, waren die Kleinen erst zwischen zwei und sechs Jahre alt. Schon aus diesem Grund wird Jakob rasch wieder geheiratet haben. Mit der am 13. März 1876 in Wilhelmsburg geborenen Philippine aus der großen Familie Tichler kamen zwischen 1909 und 1911 in Loosdorf drei weitere Kinder zur Welt: Erna, Martha und Ignaz. Im März 1918 erwarb Jakob ein repräsentatives Haus in Wilhelmsburg, Obere Hauptstraße Nr. 18 (damals noch Wilhelmsburg Nr. 50). Nach Jakobs Tod am 18. Jänner 1938 – wie seine erste Frau Käthe ist er am St. Pöltner jüdischen Friedhof begraben – übernahm seine Witwe das Kaufmannsgeschäft und erbte das Haus und zwei Grundstücke. Offensichtlich warf der Laden keinen großen Gewinn ab, denn nach dem „Anschluss“ im März 1938 sollte er nicht „arisiert“, sondern liquidiert werden. Der Liquidator Eduard Zottl verkaufte das Warenlager. Für die „Arisierung“ der Häuser bewarb sich der Mechaniker Paul Grüner, der jedoch aufgrund seines unseriösen Rufs von der NSDAP-Ortsgruppe Wilhelmsburg abgelehnt wurde. Philippine Deutsch benötigte den allfälligen Erlös aus dem Zwangsverkauf dringend für die Ausreise von Johann und Ignaz, wie sie am 31. Juli 1939 an die Vermögensverkehrsstelle schrieb: „Die Teilnahme zu diesem Transport meiner Söhne ist nur dann möglich, wenn für die Transportkosten von RM [Reichsmark] 2.000.- zeitgerecht aufgekommen wird. Ich richte an die V.V.St. die ergebene Bitte, die Verkaufsgenehmigung ehestens zu erteilen.“ Allerdings wurde der Brief von ihrer Tochter Erna unterzeichnet, da Philippine am 27. Juli 1939 die Flucht nach London gelang. Weitere Nachrichten über sie fehlen. Am 22. April 1941 wurden Philippines Liegenschaften versteigert. Die Gemeinde Wilhelmsburg erhielt den Zuschlag und verkaufte sie an die NS-Volkswohlfahrt in Berlin weiter. Die Bezahlung eines Kaufpreises an die Familie ist nirgends erwähnt. 1950 erhielt die überlebende Tochter Martha Stern, vertreten durch Dr. Egon Morgenstern, der aus Palästina/Erez Israel nach St. Pölten zurückgekehrt war, den Besitz in Wilhelmsburg zurück. Ihr Halbbruder Felix, wohnhaft in Wien 8, war da bereits Verwalter der Häuser. Wo und wie er überlebt hatte, wissen wir nicht.  

    Erna, Ignaz und Martha

    Erna, die älteste Tochter von Jakob und seiner zweiten Frau Philippine, wurde am 11. Jänner 1909 geboren. In den Dokumenten ist ihr Beruf mit „Privatier“ angegeben, sie war also vermutlich für Haus und Geschäft zuständig. 1939 musste sie in eine Sammelwohnung in Wien 2, Czerningasse 9/28 zwangsübersiedeln, wohin auch ihre Cousine Hedwig Neufeld, geb. Tichler, mit ihrem 12-jährigen Sohn Erich zugewiesen worden war. Aus diesem Haus wurden insgesamt 110 Menschen in den Tod geschickt. Erna wurde am 5. März 1941 in das Ghetto Modliborzyce bei Lublin in Polen verbracht. Von den 999 Deportierten überlebten nur 13 die furchtbaren Lebensbedingungen und die Überfälle der SS. Ihr Bruder Ignaz, geboren am 27. April 1911, hatte als Handelsangestellter im Geschäft seiner Eltern gearbeitet. Seine wahrscheinlich im Herbst 1939 begonnene Flucht mit dem Schiff über die Donau scheiterte im sogenannten Kladovo-Transport. Am 18. September 1940 wurden die Flüchtlinge mit dem Schiff 300 km flussaufwärts in den Ort Šabac an der Save geschleppt und die älteren Erwachsenen unter großen Entbehrungen privat, die Jugendgruppen in einer aufgelassenen Getreidemühle untergebracht. Am 17. April 1941, zwei Wochen nach dem Einmarsch der Deutschen Truppen, kapitulierte Jugoslawien. Am 11. Oktober wurden alle Männer des „Kladovo-Transports“ von Soldaten in das im Bau befindliche Konzentrationslager Zasavica getrieben. Berichte und sogar Fotoaufnahmen von serbischen Zwangsarbeitern, die die Massengräber ausheben mussten, bezeugen die Massaker an hunderten Männern am 12. und 13. Oktober 1941, denen auch Ignaz Deutsch zum Opfer fiel. Martha, am 4. April 1910 geboren, hatte im Wiener Stadttempel Ferdinand Stern geheiratet und war, wie ihr Cousin Walter Fantl-Brumlik angab, bereits vor 1938 nach London ausgewandert. In ihrer Vermögensanmeldung vom 14. Juli 1938 trug ihre Mutter sie jedenfalls als „Martha Deutsch, dzt. London“ ein. Walter Fantl-Brumlik (1924 Loosdorf–2019 Wien), der die Vernichtungslager Auschwitz und Gleiwitz 1 überlebt hatte, erwähnte 1997 die Familie Deutsch in einem Interview, denn Philippine stammte wie seine Mutter Hilde von Ignaz und Rosa Tichler aus Wilhelmsburg ab: „Freitag Abend war ich nur selten in St. Pölten, da hätte ich ja fahren müssen, ich bin in die Jugendgottesdienste gegangen an den Feiertagen. Und selten nach Wilhelmsburg, da war die Tante von meiner Mutter [Philippine], das war ein sehr frommes Haus, da war ich zu Gast, die hießen Deutsch. Da lebt noch Martha Stern, sie schreibt nicht, man kann sie vielleicht anrufen. Aber sie ist sehr nett. Sie ist schon vor 38 weg. Und sie hat viel dazu beigetragen, dass meine Tante aus Traisen [Gisela Bischitz, geb. Tichler] nach England gekommen ist. Die haben in London dann zusammen gearbeitet im Hotel, meine Tante mit der Martha.“
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