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Frauenwohltätigkeitsverein

Die große Bedeutung, welche das Judentum der Wohltätigkeit beimisst, zeigte sich auch daran, dass der zweite offiziell registrierte jüdische Verein in St. Pölten der Frauenwohltätigkeitsverein war. Er wurde 1902 ins Vereinsregister eingetragen.

Auch dieser Verein bestand schon vor seiner offiziellen Konstituierung, besaß er doch bereits 1900 ein Sparbuch bei der Sparcassa St. Pölten mit einem Guthaben von 80,36 Kronen. Gesammelt wurde in der Synagoge, wo es eine Spendenbüchse gab, doch organisierten die Damen darüber hinaus sicher auch andere Veranstaltungen bzw. Treffen, um Spenden einzuheben. Unterlagen bezüglich des Vereinslebens konnten allerdings ebensowenig ausfindig gemacht werden wie Mitgliederlisten. Nach seiner Konstituierung als Verein war der Frauenwohltätigkeitsverein von der IKG unabhängig.

1909 kritisierte der Vorsteher der IKG, Siegfried Schwarz, dass der Frauenwohltätigkeitsverein bisher weder dem Kultusvorstand einen Kassabericht vorgelegt noch ein Mitglied des Vorstands zu einer Generalversammlung eingeladen hatte. Karl Frank und Albert Leicht wiesen auf die in den Statuten festgelegte Unabhängigkeit des Vereins hin. Da jedoch auch in der Synagoge Spenden gesammelt wurden, beschloss der Vorstand, die Damen um Rechenschaftsbericht und Einladung zu ersuchen.

Aus späteren Unterlagen der IKG geht hervor, dass der Frauenwohltätigkeitsverein ebenso wie die IKG und die Chewra Kadischa in die Armenkasse einzahlten, aus der bedürftige Gemeindemitglieder, aber auch arme durchreisende Juden unterstützt wurden. Anlaufstelle für die Bedürftigen war nicht zuletzt das Schuhgeschäft Samuel Mandl in der Kremsergasse, wo Gelder der Armenkasse zur Verteilung bereitlagen. Franz Mandl, der Sohn Samuels, setzte diese Tradition fort, beide waren auch in der IKG aktiv. „Alle, die durchgefahren sind, Arme, alle sind bei ihm gewesen.“ erinnerte sich Zwi Gol.

Selbstbewusst präsentierte sich der Frauenwohltätigkeitsverein in der Finanzierung des Toraschreins, auf dem in hebräischen Buchstaben, aber auf Deutsch zu lesen ist: Gespendet vom Frauenverein St. Pölten.